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10.03.2016 - vortrag bei der vernissage zur ausstellung ottostrasse


auszug aus der einführung:

“die bilder, die wir hier sehen, sind zeitzeugen und zeigen eine momentaufnahme aus dem jahr 2007. agnes giannone nimmt den betrachter mit in die leergezogenen räume der ottostraße. die räume zeigen sich ästhetisch verklärt und sind in ein mildes weiß gehüllt.
die klare und immer gleiche struktur der räume ist sichtbar, der bauliche verfall ist es jedoch noch nicht – wenn nicht die farbliche verfremdung der wenigen hinterlassenschaften der aufgegebenen wohnnutzung darauf aufmerksam machen und den zustand künstlerisch überzeichnen würde – ein stuhl, ein bett, verpackungsmaterial …
ich verspüre die lust, einen besen zu nehmen, die rollos hochzuziehen und diese räume mit ihrer poetischen kargheit erneut zu beleben. doch ich weiß, daß der fortgeschrittene verfall das immer unwahrscheinlicher werden läßt. und so wie agnes giannone den betrachter den raum betreten läßt, so führt sie seinen blick auch gleichzeitig wieder direkt hinaus durch die großen fenster und eröffnet damit eine neue betrachtungsebene. sie bietet, von geschoß zu geschoß, den immer gleichen standort und jetzt passiert das besondere:
führt der erste blick noch ins leere, so wird im nächsten bild ein gegenüber erfasst. und dieses gegenüber, ein zweiter weisse riese, bietet nun, ebenfalls von geschoß zu geschoß, eine orientierung. es ist eine ortung des eigenen standortes und gleichzeitig eine verschiebung – von oben nach unten – der weisse riese wächst – beherrscht das bild – füllt das fenster – und an der basis trifft er in seiner unmaßstäblichkeit mit der umgebung zusammen. die bodenhaftung ist spürbar. die luftigkeit der räume durch die weite der sicht ist jedoch verschwunden.“ jutta heinze