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ziel der maßnahme ist es, die marienkirche als gottesdienststätte weiterhin sichtbar und erfahrbar zu halten und dennoch durch ein-, an- und ausbauten räume für die gemeindlichen belange zu schaffen – beides im respektvollen umgang mit dem sakralraum und dem denkmalschutz. die marienkirche hat im laufe der jahrhunderte bereits viele veränderungen außen und innen erfahren und ist ein denkmal im wandel der zeiten. auch der für die inhaltliche interpretation der kirche bedeutsame aktuelle umbau darf deshalb gestalterisch und baulich, innen wie außen unter den vorgenannten prämissen ablesbar werden.

im innenraum sind neben kanzel und orgel, die einander gestalterisch angepasst sind, die emporen besonders auffällig. diese werden getragen von zehn toskanischen säulen mit mächtigen goldverzierten kapitelen. durch den nachträglichen emporeneinbau sowie die äußeren anbauten wurden die fenster zum teil verdeckt oder zu rosetten verkleinert (westwand). das natürliche, atmosphärische licht ist im kirchenraum rar. die errichtung von gemeinderäumen im kirchenraum, z.b. unter oder auf der empore wird auch deshalb problematisch gesehen. gemeinderäume werden insbesondere zu tagzeiten genutzt; ohne ausblick und ohne direktes tageslicht erscheint dies wenig attraktiv. ein teilweiser rückbau der emporen kommt sowohl aus denkmalrechtlicher sicht als auch aus statischen gründen nicht in frage. dazu kommt die problematik der belüftung und beheizung für die belange einer kleinteiligen nutzung, die ohne aufwändige veränderungen mit vielen kompromissen und/oder mit verzicht verbunden sein wird.
in dieser abwägung sieht der entwurf in der schrittweisen umwandlung von nutzung und gestaltung des kirchenraumes auch den neubau eines langgestreckten, niedrigen baukörpers auf der südseite vor. in einem flächenoptimierten anbau, der konstruktiv, technisch und energetisch auf dem aktuellen stand der zeit ist, können so auf einfachere art und weise gemeinderäume entstehen, die in ihrer größe und lage kompromisslos optimierbar sind und gleichzeitig die eingriffe am denkmal auf ein minimum reduzieren.

im ersten schritt erfolgt das freiräumen des sakralraumes zu einem großzügigen, von säulen flankierten zentralraum ohne bänke mit einer freien bodenfläche. die standflächen der bänke werden sichtbare zeichen im boden hinterlassen, die aufgearbeitet und als wertvolle erinnerung respektiert werden. die drei bankreihen im unmittelbaren altarbereich werden jedoch erhalten und für den sonntäglichen gottesdienst um eine lose bestuhlung als gruppe oder als offener kreis erweitert. auch alle weiteren großen veranstaltungen der gemeinde können zukünftig in diesem zentralraum stattfinden und je nach bedarf unterschiedlich bestuhlt werden. notwendige lagerflächen für stühle und tische, werden auf gleicher ebene unterhalb der orgelempore auf einfache art und weise durch das einstellen leichter wände mit integriertem schrank, dessen fronten raumakustisch wirksam sind, geschaffen. der „konfirmandenraum“ im erdgeschoß wird zunächst als ein gemeinderaum genutzt. ein zweiter gemeinderaum entsteht unmittelbar darüber durch die umgestaltung der emporenerweiterung. die bisherige öffnung zum kirchraum wird durch eine filigran gestaltete stahl-/glasanlage geschlossen, so dass ein getrennt nutzbarer gruppenraum entsteht. auch die vorgelagerte empore wird in diesem bereich vom ansteigenden aufbau befreit. die nunmehr ebene emporenfläche wird so für weitere gemeindliche aktivitäten nutzbar, die keinen abgeschlossenen raum erfordern. die gleiche nutzfläche entsteht auch auf der südempore. der übrige, ansteigende emporenteil bleibt erhalten und dient bei großen gottesdiensten weiterhin als ausweichfläche; ebenso können die neuen galerien zusätzlich bestuhlt werden. über eine neue innentreppe an der westwand werden die beiden emporen zusätzlich erschlossen. die innentreppe ist teil der neugestaltung des altarbereichs. kanzel und altar werden mit einem natursteinbelegten podest bis zur ersten säulenachse in den raum vorgezogen und erhalten eine in den raum frei eingestellte „rückwand“. der sakralraum erfährt dadurch im altarbereich eine zusätzliche räumliche dimension, die bisher nicht gegeben war und die den charakter eines kirchenhauptschiffes stärkt. gleichzeitig bietet die wand rückwärtig raum für die einläufige emporentreppe und die querung von der nord- zur südempore. in die westwand werden im unteren bereich neue fensteröffnungen angelegt, die oberhalb des straßenraumes liegend, den seitenschiffen zusätzlich licht und perspektive bieten.

im zweiten schritt wird der ehemalige konfirmandenraum als zwischenzeitlich genutzter gemeinderaum aufgegeben, da dieser ausschließlich nordorientiert ist. hier werden die sanitärräume einschließlich eines barrierefreien wc installiert. über die bestehende unterkellerung ist die haustechnische ver-und entsorgung problemlos möglich, so dass der haustechnische erschließungsaufwand für den neubau gering wird. eingriffe in die fassade sind deshalb nicht erforderlich. die wand zum kirchraum wird massiv geschlossen, mit einer nischenbildung als reminiszenz an die lage des historischen fensters. der hier befindliche seiteneingang kann weiterhin, z.b. bei großen veranstaltungen als zusätzlicher ein- und ausgang benutzt werden.
außerdem erfolgt der eingeschossige anbau an der südseite in einem bereich, der aus archäologischer sicht auch aufgrund der schon bestehenden bebauung als unbedenklich eingestuft wird. für die gemeinde hat diese lage den vorteil der sehr guten belichtung und besonnung und bietet darüber hinaus die möglichkeit für einen geschützten, den räumen zugeordneten außenbereich. der neubau hat raum für zwei weitere gemeinderäume und auch die sakristei ist hier an alter stelle in den neuen gemeinderaum integriert und erhält ein zusätzliches themenfenster nach westen. teeküche und aufwärmküche befinden sich hier in unmittelbarer nähe zu den gemeinderäumen und sind ebenfalls gut gelegen zum kirch- und gemeindesaal. die küche kann mit einer theke zum flur hin ausgebaut werden. es gibt einen direkten zugang vom flur in den außenbereich. erschlossen wird der neubau nicht über die kirchentür, sondern über einen eigenen, gegenüber dem turm zurückversetzten eingang. die kirchenwand wird teil des innenraums und markiert den übergang zwischen bestand und neubau. die vorhandenen fenster der südwand werden nach unten zu durchgängen verlängert, die mit zweiflügeligen türen geschlossen werden können. oberlichter akzentuieren die durchgänge auf der flurseite zusätzlich und bilden das pendant zu den emporenoberlichtern.

als option könnte in einem dritten schritt im bereich zwischen der (ehemaligen) römischen apsis und der (erneuerten) ostwand ein zusätzlicher andachtsraum errichtet werden. die in die wand integrierte grabplatte und die drei liegenden grabplatten bieten zusammen mit dem ausgrabungsbefund einen besonderen geschichtlichen raum zum innehalten.

die materialien und farben der wenigen und reversiblen einbauten in der kirche sind zurückhaltend, hell, unter verwendung von grau gebeiztem holz. der vorhandene gußterrazzo mit seinem schwarz-weiß-rotem farbspektrum verleiht den großzügigen freien flächen eine neue und angenehme wirkung. die grundfarbgebung der wände soll weiß sein ebenso wie die decke, deren spiegel mit leichter struktur herausgearbeitet werden kann. hauptaugenmerk liegt auf der eingestellten wand, die einen ruhigen hintergrund für die historische kanzel samt schalldeckel bietet. die oberfläche ist aus zartem grau-beige-changierenden stucco lustro gefertigt. das podest erhält einen hellgrauen natursteinbelag, z.b. basaltina, der zum boden harmoniert und einen neutralen untergrund z.b. auch für einen neuen altar bietet. der anbau erhält eine fassade aus hellem, sandfarbenem ziegel- oder naturstein. die eingangswand wird reliefartig gemauert mit integrierter beleuchtung und beschriftung der gemeinde. im inneren wird der fußboden mit hellem naturwerkstein und holz belegt, die wände und decken sind weiß geputzt, die fenster ebenfalls aus hellem holz. das dach wird als gründach ausgeführt.

der südliche anbau ist städtebaulich untergeordnet und aus dem straßenraum heraus nicht wahrnehmbar. die silouette der kirche bleibt maßgeblich erhalten und dominierend. erst auf dem weg zur kirche von der josef-kiefer-straße aus wird der anbau mit seiner schmalseite erkennbar. die überlegungen zur neuen nachbarbebauung gehen davon aus, dass eine straßenbegleitende bebauung an der steinschen gasse in bezug auf das ärztehaus sinnvoll ist. wünschenswert ist es jedoch auch, dass kein baukörper mit langer, einheitlicher flucht entsteht, sondern mit aufweitungen unterschiedlicher fluchten insbesondere im bereich der historischen stadtmauer. auch für die präsenz der marienkirche im straßenraum ist eine aufweitung richtung kirche zwischen den gebäuden an der josef-kiefer-straße wünschenswert. in südlicher richtung (plessingstraße/steinsche gasse) sollte sich der raum zwischen dem bunker und der neuen bebauung ebenfalls baulich in richtung marienkirche öffnen. das kann hinsichtlich der eigentumsverhältnisse im detail nur zwischen den beteiligten erörtert werden. für die parzellierung wird insgesamt vorgeschlagen, unter beachtung der baurechtlich (leider) möglichen geringen abstandsflächen, eine fläche zum verkauf auszuweisen, deren bebauung trotzdem einen gebührenden abstand und damit freiraum zur marienkirche belässt. die außenraumgestaltung markiert für die kirche drei blick- und wegebeziehungen zur stadt: im süden ist eine fußläufige verbindung vorstellbar, die mit ihrer südlage einen attraktiven, eher städtischen aussenraum darstellt; im norden wird die grünfläche erhalten und die toreinfahrt mit der vorhandenen, baumgesäumten auffahrt reaktiviert, um z.b. auch bei besonderen anlässen (hochzeiten) vorfahren zu können; die barrierefreie und fußläufige erschließung wird primär auf der ostseite von der josef-kiefer-straße aus gesehen. um den geringen höhenunterschied zwischen kirchplatz und straßenniveau zu überbrücken, wird eine weitgefasste schräge mit auslaufenden stufen kombiniert. diese großzügige öffnung vermittelt zwischen dem archäologischen grabungsfeld und dem ebenen, baumbestandenen kirchplatz mit den beiden eingängen. der kirchplatz wird mit dem bereits vorhandenen pflaster der nordfläche in kombination mit naturstein komplettiert, eine baumreihe markiert den weg von der straße auf den platz; sitzgelegenheiten oder anderes außenmobiliar sollen eher untergeordnet sein, um der kirche auf dem hochgelegenen platz mit den vorhandenen historischen zeugnissen mehr raum zu lassen.