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ausgangssituation
das planungsgrundstück liegt im historischen wirkungsbereich des xantener dom und am ende einer zweiseitig bebauten straßenflucht (rheinstrasse). das grundstück ist geprägt durch die ecklage zwischen den denkmalgeschützten gebäuden probstei und kapelle. beide bestandsbauten haben unterschiedliche trauf- und firsthöhen, unterschiedliche dachneigungen und stehen spitzwinklig zu einander. der zu planende neubau ist also als ein bindeglied zu sehen sowohl für die angrenzenden bestandsbauten, aber auch für den städtebau. dabei ist besonders zu beachten, daß die weiterführende bebauung jenseits der gasse nur noch zweigeschossig und mit engen abstandsflächenregelungen behaftet ist.

städtebau – architektur – organisation
der neubau wird als bindeglied verstanden, ohne aber mit den bestandsbauten zu verschmelzen. vielmehr komplettiert der neubau, der als strenger kubus mit flachdach konzipiert ist, alle drei bauteile zu einem ensemble der jetztzeit, bei dem jedes element seinen eigenen charakter hat. der kubus stellt sich rechtwinklig unmittelbar neben die probstei und zur kapelle. die konturen und die maßstäblichkeit des neubaus sind durch die denkmalgeschützten ensembleteile bestimmt: die höhe orientiert sich an der traufhöhe der probstei und organisiert damit insgesamt vier vollgeschosse; die breite und tiefe sind durch die kapelle definiert, an die der neubau äußerlich unmittelbar anschließt. der kubus vermittelt auf selbstverständliche weise zwischen den unterschiedlichen höhen der nachbarbebauung, zeigt bauliche präsenz ohne dominant zu sein und berücksichtigt gleichzeitig alle bauordnungsrechtlichen belange. so entsteht ein harmonisches und respektvolles ganzes, das sich auch innenräumlich und organisatorisch über das gesamte ensemble fortsetzt.
in den neubau ist ein natürlich belichtetes und belüftetes haupttreppenhaus, das gleichzeitig auch den fluchtweg sichert, integriert. zusammen mit dem personenaufzug markiert es an zentraler stelle den übergang zwischen alt und neu. der vertikale weg durch das haus wird zu einem räumlichen erlebnis der geschichte. die giebelwände von probstei und kapelle werden mit allen schichtungen und veränderungen der vergangenheit sichtbar gemacht und in der gegenwart fortgeschrieben. die giebelwand der probstei ist sichtbarer bestandteil des treppenhauses. durch die gebäudehohe, überdachte fuge hält der neubau im innenraum respektvoll abstand und legt die giebelwand der kapelle frei. im erdgeschoss wird damit übersichtlich die verbindung zwischen dem historischen eingang und dem foyer im neubau markiert. eine großzügige verglasung im erdgeschoß sowie eine verglasung im dach lassen viel tageslicht durch die fuge auch in das innere des hauses. die fuge ist in allen geschossen des neubaus als teil der erschließung erlebbar und macht die historische bedeutsamkeit der bestandsgebäude sowie die wandelbarkeit erkennbar, ohne museale überhöhung oder rekonstruktive verfälschung.
der barrierefreie zugang befindet sich auf der rheinstrasse, so daß am historischen eingang keinerlei eingriffe dafür erfolgen müssen. ausserdem sind alle geschosse, egal ob alt- oder neubau, mit dem personenaufzug barrierefrei zu erreichen. das foyer bietet eine gute orientierung und vielfältig nutzbaren raum, insbesondere durch die direkte verbindung mit den beiden größeren besprechungsräumen. die organisation des neubaus, in verknüpfung mit dem bestand, ist einfach zu erfassen. pro geschoß ist eine in sich abgeschlossene abteilung organisiert und sowohl über das sichere treppenhaus im neubau als auch über die bestandstreppe der probstei erschlossen. die anordnung der räume sowie die lage der raumhohen fenster lassen eine flexible raumaufteilung für eventuelle zukünftige änderungen zu. die grundstruktur in der probstei wurde erhalten, jedoch um kleinteilige zwischenwände bereinigt, so daß sowohl im erd- als auch im 1. og eine moderne und großzügige büroaufteilung entstanden ist. das 2. og der probstei wird brandschutztechnisch vom treppenhaus isoliert und nur als nebennutzfläche angeboten. der versuchung, die dachräume von probstei und kapelle mit den eindrucksvollen dachstühlen nutzbar zu machen, wird widerstanden. die historische unversehrtheit ist dem bisher unausgebauten zustand zu verdanken. angesichts des engen kostenrahmens wäre ein dem denkmalschutz gerechter und moderner ausbau zu büroflächen, aber auch die nutzung als archivraum, unter berücksichtigung aller bauordnungsrechtlichen und brandschutztechnischen belange nicht zu vertreten. verschiedene maßnahmen zur sicherung sind angezeigt und hingegen problemlos möglich, auch im hinblick auf die reihenfolge der baumaßnahmen. die vorhandene großräumigkeit der kapelle wird für den großen besprechungsraum genutzt. so bleibt durch die alltägliche nutzung der eindrucksvolle historische raum weiterhin teil der gegenwart.

materialien
das materialkonzept basiert auf dem anspruch der wertigkeit (bei gleichzeitiger robustheit) und der nachhaltigkeit (im sinne der dauerhaftigkeit, der einfachen pflege, der sinnvollen konstruktiven fügung sowie im sinne der recyclefähigkeit und wiederverwertbarkeit). der einsatz von verbundmaterialien wird vermieden. für den erweiterungsbau wird der material- und farbkanon der vorhandenen ziegelwände aufgenommen. die unterschiedlichen getönten und verfugten ziegel, die verschieden farbigen natursteine von sockel, gewände etc. bilden die grundlage für die neue verblendfassade in beige-grauer farbe mit heller verfugung und sandig rauher oberfläche mit rötlichen schattierungen. auch die weiteren horizontalen akzentuierungen aus gefärbtem sichtbeton passen in diesen farbkanon. die großen glasflächen (holzfensterrahmen) bilden einen akzent im spiel zwischen transparenten und geschlossenen flächen und übernehmen die vertikalität der bestandsfenster.

ökologie – energie
die kompaktheit des baukörpers ist ein erster beitrag zum energiebewussten bauen. nicht nur der energieverbrauch ist wichtig, sondern auch die minimierung energie erzeugen zu müssen. durch die sorgfältige dämmung der gesamten gebäudehülle einschließlich der verwendung hoch wärmedämmender gläser sowie durch die sorgfältige baukonstruktive detailplanung werden wärmeverluste vermieden. unter dem aspekt der technikminimierung und dem wohlbefinden der nutzer werden alle aufenthaltsräume und verkehrsflächen natürlich belichtet und belüftet. gleichwohl wäre es möglich, ohne optische einschränkung und beeinflussung der umgebung, eine kollektoranlage auf dem dach vorzusehen; die ausrichtung ist ideal und trotzdem hinter der attika nicht zu sehen.

außenanlagen
die aussenflächen am kapitel werden von wildwuchs befreit, so daß die mächtige kastanie als natürliches dach erlebbar werden kann, bleiben aber ein wenig „verwunschen“. der freiraum an der rheinstraße bietet die geforderten pkw-stellplätzen für behinderte und fahrradständer, ist übersichtlich und klar gegliedert und nur durch eine niedrige hecke zur rheinstrasse begrenzt. von hier ist der neubau barrierefrei erschlossen.